Tagtäglich werden wir mehr und mehr entmündigt, mal spürbar und
mal heimlich, still und leise - je nach Mensch und Sachverhalt. In
allen Lebensbereichen geben wir Verantwortung ab, manchmal sogar
freiwillig. Man schreibt uns vor was wir wann und wie zu lernen
haben, ab welchem Alter wir (wenn überhaupt) rauchen dürfen, bietet
uns unzählige Mittel und Hilfen unsere Kontakte und sogar unsere
Kommunikation zu pflegen bzw. treffender zu verwalten. Man überwacht
uns auf Schritt und Tritt - im Internet, in der U-Bahn, im Auto und
sicherlich den ein oder anderen auch zu Hause auf der Toilette. Mit
dem edlen Ziel zu verhindern, dass einer von uns auf die fixe Idee
kommt ein Böser zu werden um dann Sich und Andere mit Hilfe von 20
Kilo Sprengstoff in Einzelteile zu zerlegen. Oder aber kein U-Bahn
Ticket für die Fahrt einzulösen - auch hier je nach Mensch und
Sachlage.
Nur beim Thema Mülltrennung sollen wir nahezu eigenverantwortlich
das Zepter selbst in die Hand nehmen. Es ist nicht so, dass ich mir
und Anderen das nicht zutraue. Schließlich halte ich nachhaltige
Abfallverwertung, genauso wie den Klimawandel, nicht für eine "von den
Chinesen erfundene" Idee. Ich halte nur die derzeitige Umsetzung
der Mülltrennung in Deutschland für falsch und für ein
Paradebeispiel wie kapitalistische Verantwortung auf die
Gesamtgesellschaft verlagert wird. Und wie mit riesigem Aufwand
Symptome bearbeitet werden anstatt die Ursache anzugehen bzw. die
Verursacher in die Verantwortung zu nehmen.
Im Prinzip verhält es sich mit der „Müllkrise“ ähnlich wie
mit der sog. „Flüchtlingskrise“. Nicht, dass das falsch rüber
kommt: Wer in seiner Heimat verfolgt und / oder bedroht wird wegen
was auch immer soll bitte herkommen. Und wer einfach keine Lust
mehr hat in Tadschikistan, Timbuktu oder sonst wo zu leben und der
Meinung ist hier im Reich der „blühenden Landschaften“ sein
Glück versuchen zu wollen, der soll das bitte auch gerne tun dürfen.
Tausende Deutsche verlassen jedes Jahr ihre Heimat um genau das zu
tun, und die wenigsten davon werden hier verfolgt. Allerdings tragen
alle Mitglieder der Gesellschaft die Verantwortung für Folgen, die
in einer fehlgeleiteten Politik und Gewinninteressen von Konzernen
ihre Ursache hat. Während diejenigen die Gewinn machen, Jahr für
Jahr mehr Elend und Flüchtlinge auf der Welt produzieren.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Auch wenn man im Westen in
der Regel einheitlich von Plastik sprach und man im Osten zumindest
schon zwischen Plaste und Elaste unterschieden hat, gibt es heute
mehr als 200 verschiedene Kunststoffsorten. Des Weiteren ist Metall
nicht gleich Metall - gibt es doch edle und unedle, feste und flüssige Metalle
und eine Vielzahl von Legierungen. Beim Papier sieht es nur auf den
ersten Blick einfacher aus: Es gibt beschichtetes und
unbeschichtetes, bedrucktes und unbedrucktes; nicht jede Pappe ist
bunt und ein Löschpapier macht noch keinen Cartoon. Dazu kommen noch
verschiedene Glassorten, eine nicht zu bestimmende Menge an
Verbundstoffen sowie Produkte in denen alles Mögliche enthalten
ist.
Und genau in diesem völlig undurchsichtigen Sammelsurium
soll sich Otto-Normalverbraucher auskennen und nachhaltig trennen?!
Wobei es nachweislich Menschen gibt, die tatsächlich Schwierigkeiten
haben Bio-Müll und Elektroschrott auseinander zu halten?!
Genau da liegt ja eines der Probleme. Ob vorsätzlich oder
versehentlich ist da egal, aber 3 Braune im Weißglascontainer sind
keine Nazis, ziehen aber ebenso ihr gesamtes Umfeld in den Dreck. Das
emsig gesammelte Altpapier in der Plastiktüte und die Batterie im
Biomüll sind ebenso gute wie alltägliche Beispiele für falsche
Sortierung. Und was geschieht mit diesen Verunreinigungen? Sie müssen
nachträglich bereinigt werden, anders kann es nicht funktionieren,
oder aber das ganze System ist Bullshit. Warum schmeißen wir dann
nicht alles von Anfang an in eine große Tonne und im Nachgang wird
dann durch Maschinen sauber getrennt?
Der Mensch hat Roboter
geschaffen die im Nanometer Bereich operieren. Es gibt andere Geräte
die auch unter widrigsten Bedingungen noch herausfinden können ob
das was man durch das Zielfernrohr sehen kann ein Mensch ist oder ein
Baum. Scanstraßen finden an Flughäfen jede aus Versehen ins
Handgepäck geratene Whiskeyflasche oder auch mal eine Kuchengabel.
Aber Plastik von Metall sollen wir selbst unterscheiden. Jeden Tag
und nach jedem Einkauf aufs Neue! Warum?
Bezahlen tun wir das Ganze sowieso. Verpackungen werden über den
sog. „Grünen Punkt“ entsorgt, der mittlerweile von einer privaten Gesellschaft betrieben wird, die schon mehrfach zünftig die Preise erhöht hat. Die Biotonne und die
Restmülltonne werden quartalsweise abgerechnet. Die Entsorgung
komplett recyclebarer Stoffe wie Glas und Papier ist zwar umsonst,
die Gewinne des Weiterverkaufs landen aber beim lokalen
Entsorgungsunternehmen. Darum!
Müllentsorgung ist ein riesiger Markt, den sich wenige „Große“
fein säuberlich in Deutschland aufgeteilt haben und deren Lobby
ähnlich mächtig ist wie die Lobby derer die mit Ihren
Waffenexporten die Entsorgung von Menschen möglich machen. Und wie
in jedem anderen oligopolen Markt wird auch im Müllmarkt mit harten
Bandagen gekämpft, auch um jedwede Veränderung im Keim zu
ersticken. Da in Italien (und wohl auch in anderen Ländern) dieses Geschäftsfeld durch die
Mafia kontrolliert wird, ist das doch auch in Deutschland wahrscheinlich. Nicht? Worin besteht denn eigentlich der Unterschied
zwischen der Mafia und einem Großkonzern? Das würde
den Rahmen dieses Textes sprengen!
Deswegen ist es mit der Müllvermeidung auch so schwierig. Würden
wir weniger Müll produzieren müssten wir auch nicht soviel trennen.
Stattdessen wird immer mehr Müll produziert:
Teebeutel die
einzeln in Plastikbeuteln stecken, die wiederum in einer
Pappschachtel stecken, die wiederum von Plastikfolie umschlossen ist
- Käsescheiben die voneinander durch Plastikscheibchen getrennt sind
und in einer Plastikschachtel stecken - Zigarettenfilter die zu zehnt
in einer Plastikfolie verpackt sind die dann wiederum in einer
Pappschachtel stecken – Aller möglicher andere Quatsch, den kein
Mensch braucht und der quasi nur für die Entsorgung produziert
wurde.
Müll ist Geld und Geld ist Gewinn für Wenige, aber Verlust für
die Meisten. In diesem Fall gewinnen auf jeden Fall
Verpackungsindustrie und Müllentsorger, verlieren tun aber alle.
Mensch und Umwelt. Und wenn wir uns beim Einkauf den Beutel
vollmachen klimpert es spätestens beim Gang zu einer der vielen
Tonnen im Hinterhof in den Taschen der Gewinnenden.
Einhergehend mit
der Mülltrennung wird uns in den letzten Jahren immer mehr
eingeredet, dass die Müllvermeidung die ureigenste Aufgabe jedes
Einzelnen sei. Das ist sie genauso wenig wie die Müllproduktion.
Solange die Verursacher allerdings weiterhin die Verantwortung von
sich abfallen lassen können, werden wir es wohl machen müssen. Denn
wer an freiwillige Selbstkontrolle von Unternehmen glaubt der denkt
tatsächlich auch dass Deutschland am Hindukusch sicher gemacht wird.